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Haneefah bint Stefan, Ex-Christin, Schweden

Das erste Mal, das ich je darüber nachgedacht habe, wie es wäre, den Islam als meine Religion zu haben, war im Alter von 15. Als wir im Religionsbuch der Mittelschule die Geschichte von einer schwedischen Frau lasen, die konvertiert ist, brachte mich das zum Nachdenken: wie würde es sein, wenn ich Muslim würde? Wie würde sich mein Leben verändern?
Diese Frau trug ein Tuch auf ihrem Kopf und sie arbeitete als Sekretärin. Wegen meiner mangelhaften Kenntnisse über den Islam schockierte mich dies ganz extrem. Wie konnte sie mit dem Ding auf ihrem Kopf arbeiten? Wer würde so eine Frau einstellen?

Meine Schlussfolgerung war, dass ich niemals Muslima werden würde, denn ich würde auffallen und das würde meine Chancen auf meinen Traumjob erheblich vermindern. Ich vermute, dieses Denken hängt sehr stark damit zusammen, wie ich erzogen worden bin. Meine Eltern sind ehrliche und hart arbeitende Leute, aber sie haben keinen Bedarf an Religion. – Für sie liegt der Sinn des Lebens im Leben selbst, und danach werden wir alle zu Staub zerfallen, mehr nicht.
Trotzdem respektierte meine Mutter die Traditionen und Sitten unserer protestantischen christlichen Kirche, daher schickte sie mich bereits früh zu einer Kindergruppe und später fragte sie mich im Alter von 14, ob ich zum Konfirmationsunterricht gehen möchte.

Ich stimmte zu. Ich dachte, es sei das beste, es zu tun. Wer weiß, vielleicht würde ich später meine Meinung ändern und bereuen, nicht dorthin gegangen zu sein, und dann wäre ich außerhalb der Kirche. Außerdem machte es Spaß zu diesen Kursen zu gehen. Wir malten, sangen Lieder, spielten Theater und fuhren in ein Camp. Es waren nicht viele ernsthafte Leute dabei – die meisten kamen nur wegen der Tradition und um Geschenke, Schmuck und Geld von ihren Verwandten an dem großen Tag, wenn der Unterricht schließlich beendet ist und eine Zeremonie in der Kirche stattfindet, zu bekommen.
Von dieser Zeit erinnere ich mich daran, dass ich starke Zweifel am Christentum hatte. Ich las die Bibel, aber es gab mir nicht das, was ich brauchte. Ich wusste, es gab da etwas, wonach ich suchte, aber ich wusste nicht, was es war. Ich lernte über Astrologie und probierte Meditation aus und so weiter, aber hierdurch fühlte ich mich noch verwirrter.

Ich begann, ein “spirituelles Journal” zu führen. Das war ein kleines Buch, das ich mit verschiedenen Dingen füllte, religiösen und nicht religiösen. Ich sammelte darin Bibelverse, Gedichte, Hindugesänge, Lieder und alles, was eine Bedeutung für mich besaß.

Ich begann im Alter von 16 zum Gymnasium zu gehen. Da wir in einem kleinen Vorort der Stadt lebten, musste ich zu einer Schule in der großen Stadt gehen. Ich wählte die aus, von der angenommen wurde, dass sie den höheren Standard hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass dort so viele ausländische Menschen waren.

Gleich nachdem ich angefangen hatte, war ich nicht so glücklich. Ich wollte mein Hauptfach ändern, daher transferierte ich von Medien zu Sprachen und kam in eine neue Klasse, wo ich keinen kannte. Die ersten Menschen, die freundlich mit mir gesprochen haben und meine Freunde geworden sind, waren ein afrikanisches und ein irakisches Mädchen, das Kopftuch trug. Das war so exotisch für mich! Mein ganzes Leben lang war ich von Menschen meines eigenen Hintergrundes umgeben gewesen und jetzt bekam ich einen Geschmack anderer Kulturen und Lebensstile.

Ich war von dem irakischen Mädchen so fasziniert, dass ich anfing, viel mit ihr zusammen zu sein und auch Freundschaften mit ihren Freunden zu schließen. Ich wurde bekannt als schwedische Person, die keine schwedischen Freunde hatte. Es war mehr für mich als nur toll – ich hatte das Bedürfnis, mich von der normalen Menge abzugrenzen.

Die Muslime auf meiner Schule hatten manchmal aktive Diskussionen über den Islam und das beeindruckte mich sehr. Ich dachte, wie kommt es, dass diese Religion einen derart aktiven Anteil in ihren Leben einnimmt? Es ist nicht wie mit dem Christentum, sie ist lebendig, nicht tot! Und sie hat einen Einfluss auf alles in ihren Leben.

Eines Tages ging ich mit meinem Vater zu einem Secondhand Markt. Ich suchte nach ein paar Büchern und fand eine alte Übersetzung des Qur´an auf schwedisch. Ich entschloss mich, ihn für historische Zwecke zu kaufen, und um die Religion meiner Freundin besser zu verstehen.

Ab jetzt begann ich, islamische Dinge in mein Journal mit aufzunehmen. Ich schrieb die eröffnende Sure al-Fatiha und ihre Übersetzung. Ich lernte sie auch auswendig. Ich hatte keinen Grund dafür, ich war einfach interessiert.
Nach kurzer Zeit war ich ganz vom Qur´an eingenommen. Ich fühlte mich so, als hätte ich einen wahren Schatz gefunden. Irgendetwas zog mich an – etwas nicht Logisches, besonders weil diese Übersetzung, die ich hatte, von einem Orientalisten geschrieben worden war und eine Menge schwerwiegender Fehler enthielt. Das schlimmste von allem war, dass der Verfasser auf angebliche Fehler in der Reihenfolge der Verse hinwies. Er sagte, es sei wichtig, dass einige Verse ihre Plätze tauschen sollten. Alhamdulillah (Gepriesen sei Gott) dass ich lernte, indem ich meine Freundin fragte.

Ich ging zu meiner irakischen Freundin und sagte ihr, dass ich mich für den Islam interessiere. Sie war sehr schockiert und musste sich setzen, sonst wäre sie ohnmächtig geworden. Nachdem sich ihr Schock gelegt hatte, entschloss sie sich, mich zu einer Islamischen Organisation mitzunehmen und dort erhielt ich ein paar Bücher, Faltblätter und die Telefonnummer einer anderen schwedischen Frau, die Muslima geworden war.

Ich hatte Angst vor dem, was meine Familie sagen würde, und in der Tat war meine Mutter entrüstet, als ich ihr erzählte, dass ich Muslima werden wollte. Die ganze Familie durchsuchte mein Zimmer und warf meine islamischen Bücher weg. Sie behaupteten, der Islam sei wie ein Kult und dass ich einer Gehirnwäsche unterzogen worden wäre.

Aber dies hielt mich nicht auf. Im Juli 2001 erklärte ich meine Schahada (Glaubensbekenntnis) öffentlich. Ich hatte die schwedische Frau angerufen, deren Telefonnummer mir gegeben worden war und sie arrangierte islamischen Unterricht in ihrem Haus. Ich ging zu ihrer Villa, die einen Garten besaß, und wir beteten Zhuhur (Mittags-) Gebet unter freiem Himmel. Das war für mich ein symbolischer Akt, denn in meiner Gesellschaft ist es nicht üblich, gottesdienstliche Handlungen öffentlich zu zeigen. Ich fühlte mich so frei und brauchte nicht mehr so darauf zu achten, was die Leute denken.

Mit lauter und stolzer Stimme sprach ich die Worte aus, die zweifellos den stärksten Einfluss auf mein ganzes Leben hatten:
Aschhadu an laa ilaaha illa Allah, wa aschhadu anna Muhammadan rasul Allah.
Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt, die es verdient, angebetet zu werden, außer Gott;
Und ich bezeuge, dass Muhammad der Gesandte Gottes ist.
Kein einziger Satz hat mich so beeinflusst wie dieser.

 


Source: https://www.islamland.com/deu/articles/haneefah-bint-stefan-ex-christin-schweden

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