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S. E. Levine, Ex-Jüdin, USA

(teil 1 von 2)

Mein Ehemann und ich waren für ein Rednerprogramm zur Masjid (Moschee) gegangen. Es war das erste Mal seit unserer Hochzeit im Jahr zuvor, dass er mich eingeladen hat, mit zur Masjid zu kommen. Wir hatten uns kennen gelernt und geheiratet, als wir als Drogenberater in einem Rehabilitationszentrum arbeiteten.

Wir hätten von Anfang an unterschiedlicher nicht sein können: denn wir stammten von ganz unterschiedlichen Hintergründen – er ist schwarz und ich bin weiß, er war Muslim und ich war jüdisch. Obwohl er mich vor unserer Heirat nicht gebeten hatte, Muslim zu werden, machte er stille Da´wah (zum Islam einladen) durch dein vorzügliches Beispiel.

Er besaß eine umfassende islamische Bibliothek und weil ich eine begeisterte Leserin war, las ich natürlich eine Menge von seinen Büchern. Ich beobachtete ebenfalls sein anständiges Verhalten, sah wie er Salah (seine Gebete) fünfmal täglich verrichtete, freitags zum Jumu´ah Gebet ging und den Monat Ramadhan fastete. Es war also ganz natürlich, dass ich ein Interesse an seiner Religion entwickelte.

Als wir in der Masjid ankamen, zeigte er mir den Eingang der Frauensektion. Wir verabredeten uns, uns auf dem Parkplatz wieder zu treffen, sobald das Programm vorüber war. „Ok, das kann ich“, dachte ich bei mir, als ich den dunklen feuchten Flur betrat und die steilen Treppen hinabstieg.

Ich hatten nie zuvor Freunde gehabt, die Probleme bereiten. Ich hatte immer multikulturelle Situationen genossen und mich auf diesen Abend gefreut.

Mein Ehemann hatte vorgeschlagen, dass ich zu dieser Gelegenheit etwas bescheidenes anziehe. Ich ließ meine Hände an meinem langärmligen Kleid nach unten wandern, und glättete es. Ich fühlte mich zufrieden damit, dass die Frauen in der Masjid mein Aussehen gutheißen werden.

Als ich allerdings unten bei der Treppe angekommen war und durch die Tür trat, die mit “Sisters” beschriftet war, konnte ich es sofort in der Luft spüren: dicke Anspannung, Misstrauen, Entfremdung und Verwirrung. Jedes verschleierte Haupt drehte sich in meine Richtung und die muslimischen Frauen starrten mich an, als hätte ich zwei Köpfe. Ich stand wie eingefroren am Eingang und starrte auf sie zurück.
Nie hatte ich so viele muslimische Frauen zusammen an einem Ort gesehen. Die meisten von ihnen trugen traditionelle Hijab, aber zwei Frauen spähten mich durch Kopfbedeckungen an, die nur ihre Augen zeigten. Einige andere saßen mit ihren Kopftüchern auf den Schultern. Als sie mich sahen, zogen sie sie über ihre Köpfe.

Doch dann stand eine von ihnen von ihrem Sitzplatz auf, näherte sich mir und stellte sich als Schwester Basimah vor. Wenigstens diese eine hatte einen freundlichen Blick.

„Hi,” sagte ich. „Mein Name ist Sharon. Ich bin wegen dem Rednerprogramm hier.”

„Ist jemand mit dir?” fragte sie.

„Mein Ehemann ist oben.” antwortete ich.

„Oh! Ihr Ehemann ist Muslim?” fragte sie.

„Ja. Ja, das ist er,” sagte ich.

„Al-hamdu lillah,” sagte sie. „Kommen sie herüber und sitzen sie mit uns.”

Sie führte mich an einen Tisch, wo drei andere Frauen saßen. Es waren die hübschesten, exotischen Frauen, die ich je gesehen hatte. Gleich nachdem sie sie mir vorgestellt hatte, vergaß ich auch schon wieder ihre Namen, die genauso exotisch waren. Dann stand Schwester Basimah auf, um noch mehr Leute zu begrüßen, die gekommen waren.

„Woher kommen sie?” fragte mich eine der Frauen. Ich antwortete, dass ich Amerikanerin mit osteuropäischer Abstammung bin, geboren in New York City.

„Woher kommt ihr Ehemann?” war die nächste Frage.

„Er ist aus Amerika”

„Aber woher kommt er?”

„Philadelphia,” antwortete ich.

„Nein, ich meine von welchem Land kommt er?”

„Er ist Amerikaner, Geboren in den Vereinigten Staaten, er ist Afro-Amerikaner, aus Philadelphia,” antwortete ich, ich dachte, es gäbe eine Sprachbarriere. Später erfuhr ich, dass die meisten kaukasischen Frauen in der Masjid mit arabischen Männern verheiratet waren.

„Hmmm,” sagten sie einstimmig und senkten ihre wundervollen Blicke.

„Haben sie schon mal daran gedacht, Muslima zu werden?” fragte eine andere und blickte mich mit einem stahlenden Gesicht an.

„Nein,” antwortete ich, „ich bin jüdisch.” Nun, ich wünschte, ihr hättet den Ausdruck auf ihren Gesichtern sehen können. Sobald es höflich möglich war, wurde das Thema gewechselt.

„Sind ihre Kinder Muslime?” fragte eine, auf die Befragung zurück kommend.

„Nein,” antwortete ich, „ich habe keine Kinder.” Das war´s; ihr Versuch auf eine Gemeinsamkeit mit mir zu kommen, war fehlgeschlagen. Sie lächelten mich an und dann geschah etwas unglaubliches, auf das ich nicht vorbereitet war: das Gespräch ging auf arabisch weiter.

Ich saß weiter mit ihnen am Tisch. Sie sprachen unter einander größtenteils auf arabisch, und ich lächelte meistens. Wenn weitere Frauen an den Tisch kamen, stellten sie mich auf englisch vor. “Dies ist Sharon. Sie ist jüdisch.” Dann sprachen sie weiter auf arabisch.

Als das Programm begann, versammelten sich die Frauen im Gebetsraum und alle setzten sich auf den mit Plüschteppich ausgelegten Fußboden. Doch nach fünf Minuten fingen die Frauen an, mit einander zu reden, alle, aber die wurden von dem dröhnenden Stereo – Lautsprecher übertönt, der das Programm von oben übertrug.

 

(teil 2 von 2)

Nachdem das Programm vorbei war, gingen die Frauen in die Küche, um Essen vorzubereiten. Schwester Basimah kam zu mir und sagte, ich solle es mir bequem machen, bis es Zeit zum Essen sei.

„Aber ich kann auch helfen,” bot ich an.

„Nein! Sie sind unser Gast. Einige amerikanische Schwestern sind gekommen. Ich werde sie vorstellen,” antwortete sie.

Schwester Basimah deutete auf eine der Frauen auf der anderen Seite des Raumes. Sie kam herüber und die beiden Frauen küssten einander auf die Wangen und begrüßten sich mit einer freudigen arabischen Bekundung. Sie beide warfen einen Blick auf mich.

„Das ist Sharon. Sie ist jüdisch. Kannst du ihr Gesellschaft leisten, bis wir essen?” sagte Schwester Basimah zu der anderen Frau.

“Oh, ja!” antwortete sie. “Hi, Sharon, ich bin Schwester Arwa!”

Schwester Arwa und ich setzten uns und fingen an, uns bekannt zu machen. Ich stellte ihr Fragen wie seit wann sie schon Muslima ist, ob sie mit einem Muslim verheiratet ist usw. Dann ließ sie die Bombe los.

„Warum habt ihr Jesus getötet?“ fragte sie mich.

“Was?” entgegnete ich. Mein Gesicht muss mein Entsetzen und meinen Unglauben gezeigt haben.

„Ich meine” fragte sie weiter, ihre Frage dieses Mal enthärtend, „warum haben die Juden Jesus getötet?”

Ich konnte nicht glauben, was ich hörte! Ich war erstaunt und zugleich wurmte mich die Frage. Ich konnte an ihrem unschuldigen Blick in ihrem Gesicht ablesen, dass sie es wirklich wissen wollte. Möglicherweise war sie nie zuvor einer jüdischen Frau begegnet und dies war ihre erste richtige Gelegenheit, eine Antwort auf ihre brennende Frage zu erhalten.

Als ich ihr zuerst vorgestellt worden war, habe ich ihre Gesellschaft genossen; sie war zumindest die erste Amerikanerin, die ich an jenem Abend sah. Nun wollte ich aufstehen und von Tisch davonrennen. Dann stieg Zorn in mir auf.

Ihr einen bösen Blick zuwerfend, antwortete ich durch die aufeinander gebissenen Zähne: „Wir haben Jesus nicht getötet, das waren die Römer!“ Sie erwiderte mit dem Blick eines verwundeten Tieres. Ihre Lippen öffneten sich, um etwas zu sagen, aber bevor sie antworten konnte, rief jemand nach ihr.

„Entschuldigen Sie mich,” sagte sie, „ich komme wieder.” Ich konnte Erleichterung in ihrer Stimme hören.

Eine Gruppe Afro-Amerikanischer Schwestern war zur Masjid gekommen und ich verbrachte den Rest des Abends in ihrer Gesellschaft. Bevor ich ging, mich mit meinem Ehemann zu Treffen, gab mir Schwester Basimah gab mir ihre Telefonnummer und forderte mich auf, sie anzurufen und eine Zeit abzumachen, um sie zu besuchen.

Ich rief sie an und wir entwickelten eine wunderbare Beziehung. Sie erzählte mir alles über den Islam und Gott. Von ihr erfuhr ich, dass niemand Jesus getötet hatte! Ich lernte, dass Gott ihn zu Sich hoch gehoben hatte.

Sie wusste, dass ich mich für den Islam interessierte und konnte spüren, dass mein Herz sich nach spirituellem Frieden sehnte. Eines Abends als mein Ehemann und ich ihr Haus besuchten, kam sie direkt zur Sache und lud mich zum Islam ein.

Der Wendepunkt kam, als sie mir erklärte, dass alle meine vergangenen Sünden vergeben werden, wenn ich zum Islam komme. Sie sagte ich wäre wie wieder geboren, wie ein neugeborenes Baby, ohne Sünden, mit einer neuen Chance. Ich brach zusammen und weinte.

Ich wollte eine andere Chance, um mit Gott ins Reine zu kommen. Wisst ihr, ich hatte eine ziemlich kunterbunte Vergangenheit. Ich habe Gott immer geliebt, aber ich ging im Leben verloren. Wir baten ihren Ehemann, mir dabei zu helfen, die Schahada auszusprechen.

Als ich meinem Ehemann mitteilte, was ich gerade tun wollte, war er geschockt und glücklich zugleich. Er fragte mich, ob ich mir mit meiner Entscheidung wirklich sicher sei, als könne er nicht glauben, was er hörte. Ich antwortete, dass ich mir nie zuvor in meinem Leben einer Sache so sicher gewesen bin. Es gab keinen inneren Kampf, keine Ängste oder Zweifel.

Nachdem ich die Schahada ausgesprochen hatte, sagte Schwester Basimahs Ehemann: “Mabrouk (Ich gratuliere)! Du bist jetzt Muslima!”
Als wir nach Hause kamen, gab mir mein Ehemann als Geschenk einen eigenen Qur´an und eine Zusammenfassung von Sahih Al-Bukhari. Bevor wir an diesem besonderen Abend Schwester Basimahs Heim verließen, gab sie mir ein Büchlein über den Anstand von muslimischen Frauen. Sie gab mir auch einen Gebetsteppich, ein Gebetskleid und einen Hijab (Kopftuch).

Ich habe seit jenem Tag Hijab getragen, al-hamdu lillah. Ich habe es nie abgesetzt, selbst nach den fürchterlichen Tagen nach dem 11.September 2001.

Als ich im Juli 1998 konvertiert bin, denunzierte mich mein Vater ein für allemal. Er war ohnehin aufgebracht gewesen, dass ich einen Muslim geheiratet hatte, und weigerte sich, meinen Ehemann als Schwiegersohn anzuerkennen.

“Aber, Sharon, diese Menschen hassen uns!” schrie er.

Alle Versuche, den Unterschied zwischen der friedlichen Religion des Islam und dem politischen Kampf zwischen Palästinensern und Israelis zu erklären, traf auf taube Ohren. Abgesehen davon war mein Vater der erste in seiner Familie gewesen, der außerhalb des Judentums geheiratet hat. Meine Mutter war praktizierende Katholikin gewesen, als sie heirateten.

Noch schlimmer in den Augen meines Vaters war, dass mein Ehemann Afro-Amerikaner war. Vor dem 11. September 2001 dachten die meisten Amerikaner an Malcolm X, wenn der Islam erwähnt wurde. Viele andere Familienmitglieder brachten ebenfalls ihre Enttäuschung und ihren Verdruss über meinen Entschluss, einen „schwarzen Muslim“ zu heiraten, zum Ausdruck.

Mein Vater starb im August 2001, einen Monat vor den Geschehnissen des 11. September. Auf Wunsch der Frau meines Vaters, hat es mir die Familie nicht erzählt, dass er gestorben war, bis seine Beerdigung vorüber war. Ob sie Angst hatten, ich würde in meinem Gewand begleitet von meinem schwarzen Ehemann in die Synagoge kommen?

Uns wird gelehrt, dass die Religion des Islam für alle Menschen und alle Zeiten ist. Es sollte keinen Unterschied machen, ob der Muslim Ägypter, Pakistaner, Amerikaner, Saudi, Indonesier oder Palästinenser ist. Es sollte keinen Unterschied machen, ob er oder sie schwarz, weiß, rot oder gelb ist. Es sollte nichts ausmachen, ob er oder sie Arabisch, Englisch, Spanisch oder Urdu spricht. Unsere kulturelle Vielfalt soll unsere Umma (Gemeinschaft) nicht spalten. Gott teilt uns im Qur´an mit, dass:
„O ihr Menschen, Wir haben euch aus Mann und Frau erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, auf dass ihr einander erkennen möget.” (Quran 49:13)

 


Source: https://www.islamland.com/deu/articles/s-e-levine-ex-jdin-usa

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